Wenn KI aus Bildern 3D-Modelle macht – Chance oder Risiko für Fabrikplaner?
KI-Tools wie Meshy erzeugen aus einfachen Bildern in Minuten beeindruckende 3D-Modelle. Klingt nach einer Revolution für die Fabrikplanung – und ist es auch, zumindest teilweise. Der Artikel zeigt, wie Meshy funktioniert, wo seine Stärken liegen und warum Planer trotzdem vorsichtig bleiben sollten. Denn realistisch heißt nicht maßhaltig.
Was ist Meshy eigentlich?
Meshy ist ein KI-Tool, das in der 3D-Welt gerade für Aufsehen sorgt. Der Clou: Aus einem einfachen Bild – egal ob Foto oder Illustration – entsteht automatisch ein 3D-Modell, inklusive Textur und optimierter Geometrie. Das Ganze funktioniert per Knopfdruck und dauert oft nur wenige Minuten.
Das Ergebnis sieht verblüffend echt aus: ein texturiertes, leichtgewichtiges Modell, das sich direkt in Echtzeit-Umgebungen wie visTABLE®, Unity oder Blender einfügen lässt. Für Fabrikplaner klingt das fast zu schön, um wahr zu sein – und in gewisser Weise ist es das auch.

Wie funktioniert Meshy?
Der Workflow ist denkbar einfach:
- Modus wählen: „Bild zu 3D“ auswählen.
- Bild hochladen: per Drag & Drop in den vorgesehenen Bereich.
- Modell generieren: Meshy analysiert das Bild, erkennt das Objekt und erstellt ein erstes 3D-Modell.
Das dauert meist nur eine Minute. Das erste Ergebnis ist ein graues, sehr detailliertes geometrisches Modell. Danach kann eine Textur berechnet werden, um das Modell realistischer aussehen zu lassen – dieser Schritt dauert etwas länger, lohnt sich aber visuell.

Im letzten Schritt lässt sich das Modell in der Auflösung anpassen. Je nach Bedarf kann man zwischen „Niedrig“, „Mittel“, „Hoch“ oder „Ultra“ wählen – oder eine Ziel-Polygonzahl angeben, um das Modell für Echtzeitumgebungen zu optimieren. Die Textur bleibt erhalten, das Modell selbst wird aber deutlich schlanker.
Beim Export kann man sogar eine reale Höhe angeben oder schätzen lassen. Die Schätzfunktion ist allerdings – wie so oft bei KI – mal erstaunlich gut, mal völlig daneben.

Beispiel: Meshy-Modelle in visTABLE®
Für einen ersten Konzeptentwurf in der Fabrikplanung ist das Ganze ziemlich beeindruckend. Ein realistisches Modell einer Maschine oder eines Montagetischs lässt sich in Sekunden erstellen und in visTABLE® einfügen. Das Ergebnis: eine greifbare, visuelle Idee einer künftigen Produktionshalle.

Doch genau hier sollte man vorsichtig werden. Meshy generiert nur das, was es sieht – oder besser gesagt: was die KI glaubt, gesehen zu haben. Nicht sichtbare Rückseiten oder verdeckte Bereiche werden einfach symmetrisch gespiegelt oder erraten. Und das führt in der Praxis schnell zu Problemen: Maschinen sind selten symmetrisch. Steuerungen, Anschlüsse oder Aggregate befinden sich meist nur auf einer Seite.
Ein solches „erratenes“ Modell kann also optisch stimmen, aber funktional komplett falsch sein. Wer damit reale Layoutentscheidungen trifft, riskiert Planungsfehler – und die können teuer werden.
Zumindest lassen sich beim Import oder nachträglich im Layout die Abmessungen des 3D-Modells noch anpassen, wenn man die realen Abmessungen kennt. Folgend die Modelleigenschaften mit Änderungsmöglichkeit von Breite, Länge und Höhe in visTABLE®

Folgend, einige weitere Beispiele von Platzhaltermodellen in visTABLE®

Meshy – schön, aber ungenau
Das Fazit an dieser Stelle: Meshy liefert beeindruckende Ergebnisse für das Auge, aber nicht für den Messschieber. Die erzeugten Modelle sind keine CAD-Modelle. Sie haben keinen Anspruch auf Maßhaltigkeit, enthalten geschätzte Proportionen und fehlende Details.
Verwendet man sie unkritisch in einer Planungssoftware, entsteht schnell ein trügerischer Eindruck von Präzision. Deshalb: Meshy eignet sich hervorragend für erste Visualisierungen, Ideenskizzen oder Kommunikationszwecke – aber nicht für technische Planung. Zudem sind die Modelle topologisch auch fragwürdig, das heißt die Oberflächenqualität ist aus näherer Betrachtung, zum Beispiel in VR eher minderwertig und eine 2D-Ableitung (siehe Bildbeispiel unten) ermöglicht keine saubere Liniendarstellung im Layout. Eine sehr gute 3D-Illusion entsteht, abhängig von der gewählten Exportauflösung aber bereits aus wenigen Metern Betrachtungsabstand durch die realistischen Farbinformationen auf den Modellen.
Fazit: KI als Kreativtool, nicht als Planungsgrundlage
Meshy ist ein faszinierendes Beispiel für die Geschwindigkeit, mit der KI-Tools die 3D-Welt verändern. Wo früher mühsam CAD-Modelle erstellt oder einfache Blöcke genutzt wurden, entstehen heute in Minuten realistisch wirkende Fabrikumgebungen. Das hilft enorm, um Stakeholdern in frühen Planungsphasen eine Vision zu vermitteln und Diskussionen anzustoßen.
Aber – und das ist entscheidend – Realismus ist nicht gleich Realität. Meshy kann zeigen, wie eine Idee aussieht, aber nicht, wie sie gebaut werden muss.
Deshalb sollten Planer einige Leitplanken beachten:
- Einsatz klar begrenzen: Nur für Konzept- und Kommunikationsphasen nutzen.
- Transparenz schaffen: Alle Beteiligten müssen wissen, dass es sich um ungenaue Modelle handelt.
- CAD-Daten nachziehen: Sobald exakte Maße vorliegen, unbedingt austauschen.
- Maßhaltigkeit prüfen: Keine Entscheidungen über Flächen, Wege oder Kollisionen auf Basis von Meshy-Modellen treffen.
Richtig eingesetzt, ist Meshy ein kreativer Turbo für die frühe Fabrikplanung. Falsch eingesetzt, wird es schnell zum Risikofaktor.
KI wird auch in der Fabrikplanung immer mehr zur Unterstützung menschlicher Kreativität – aber sie bleibt genau das: eine Unterstützung. Die Verantwortung für die Planung liegt weiterhin beim Menschen.

KI wird auch in der Fabrikplanung immer mehr zur Unterstützung menschlicher Kreativität – aber sie bleibt genau das: eine Unterstützung. Die Verantwortung für die Planung liegt weiterhin beim Menschen.
Übrigens: Meshy ist nur eines von vielen Tools, die derzeit 3D-Generierung per KI anbieten. Es lohnt sich, auch Alternativen zu testen – etwa Manex3D, das ähnliche Funktionen teils sogar kostenlos bereitstellt. In passende Modellformate kann mittels Convert 3D geschrieben werden. Zusammen mit im gerade schnell wachsenden Feld der KI-unterstützten Modellgenerierung entstehen laufend neue Lösungen, die für Fabrikplaner spannende Möglichkeiten eröffnen.
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