Digitales Fabriklayout erstellen – alles in 3D?

Was bringt es, wenn unser ganzes Fabriklayout in 3D ist? So simpel wird das niemand fragen. Doch das Unterbewusstsein stellt so einfache Fragen; gerade wenn man in Verantwortung steht, sich mit Investitionen in die digitale Fabrik – also letztendlich auch Fabrikplanungssoftware – auseinanderzusetzen.

Produktionsleiter steht vor Entscheidung ob 2D oder 3D Fabriklayout

Nur ist die Frage nach dem 3D-Fabriklayout nicht obsolet? Schließlich stehen wir im 21. Jahrhundert und mitten in der 4. industriellen Revolution. Genau darum wollen wir das Thema Fabriklayout in 3D hier von seiner praktischen Seite beleuchten und zeigen, wie es geht.

Typische Ausgangssituation in der Fabrikplanung

Im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen steht für die meisten in der Fabrikplanung nicht das Digitalisieren selbst im Vordergrund. Denn Produktions-Layouts sind formal schon lange digital. Kaum ein Unternehmen hat keinen CAD-Werksplan.

Das Fabriklayout ist häufig in zweidimensionalen CAD-Zeichnungen digitalisiert.
Ausschnitt aus einem zweidimensionalen CAD-Fabriklayout

Vielmehr fragen sich Verantwortliche heute, wie man die vorhandene Datengrundlage zukunftsfähig macht. Die dritte Dimension für das Fabriklayout scheint das Mindeste zu sein. So stellt sich fast jedem produzierenden Mittelständler die Frage:

Was braucht man, um im Fabriklayout von 2D nach 3D zu kommen?

Die Antwort führt unweigerlich auf Fabrikplanungssoftware und damit auf Anforderungen, die daran stehen. Diese gehen normalerweise weiter, als um den Nutzen der dritten Dimension, z. B.:

  • Wie schnell erhalte ich aktuelle Kennzahlen zum Fabriklayout, z. B. zu Flächennutzung oder Transportaufwand?
  • Kann ich potenziellen Kunden zeigen, wie sich der Materialfluss in unserer Fertigung ausprägt? Oder erwarten sie das sogar von mir (Stichwort IATF 16949)?
  • Sollen die Kollegen in der Planung schnell und unkompliziert skizzieren und bewerten können, welche Notwendigkeiten Ersatz oder Neuanschaffung von Produktionsausrüstungen nach sich ziehen?
  • Will ich neue Ideen für die Produktion ohne externe Beratungsunterstützung schnell selbst visualisieren; diese ggf. sogar in 3D für meine Mitarbeiter und Management-Kollegen veranschaulichen?

Zumindest bei den zwei zuletzt genannten Punkten würde man wohl keine Entscheidung für eine Software treffen, die kein 3D kann. Ein 3D-Fabriklayout ist einfach auch zeitgemäß. Oder anders formuliert: Fabrikplanung ohne 3D hat praktisch keine Zukunft. Zumal sich 3D auch im Industriebau unter dem Stichwort BIM zu etablieren beginnt. Das war vor 10 Jahren noch anders. Heute geht es beim Stichwort 3D also nicht mehr um das ob, sondern vielmehr um das wie.

3 Schritte zum 3D-Fabriklayout

Die Frage nach einer praktikablen Vorgehensweise gewinnt an Wahrnehmung, sobald man selbst erste 3D-Erfahrungen gemacht hat. Dann nämlich entwickelt sich ein gewisses Problembewusstsein für den Aspekt Aufwand. Nimmt man z. B. einen einfachen Montagetisch, so ist dieser in 2D durch ein Rechteck i. d. R. hinreichend beschrieben. In 3D kommen Fragen nach dem Untergestell, dem Überbau, der Tischhöhe, Fußstütze etc. dazu. Denn das alles sieht man in 3D. Die Informationsdichte eines 3D-Layouts ist deutlich höher.

Unterschied in der Darstellung 2D und 3D im Fabriklayout
In 3D können/müssen viel mehr Details und somit Planungsinformationen im Fabriklayout bereitgestellt werden.

Folglich gilt, unter dem Aufwandsaspekt nur die notwendigen 3D-Informationen tatsächlich auch in das Fabriklayout einzubringen. Alles andere ist zu abstrahieren. Diese einfache Regel bereitet in der Praxis jedoch die größten Schwierigkeiten. Wir kommen in den Schritten 2 und 3 darauf zurück.

Schritt 1: Eine Basis schaffen – das „flache“ Masterlayout

Es hat sich bewährt, ein Fabriklayout zunächst auf Basis bestehender 2D-CAD-Hallenpläne (i. d. R. im DWG-Format vorliegend) einen 2D-Masterplan aufzubauen. Dieser stellt alle Abteilungen bzw. Produktions-, Logistik- und Lagerbereiche als ganz einfache Blöcke dar. Dazu kann man auch mehrere vorhandene 2D-Layouts zusammen führen. Diese bilden dann einen 2D-Hintergrund; die 3D-Blöcke werden einfach darauf gesetzt. So kann auch schon der Raumbedarf ganz einfach veranschaulicht werden. Zudem ist so ein Blocklayout das zentrale Planungsmodell für die Fabrikstruktur und kann zur Beantwortung der Frage nach dem Ideallayout herangezogen werden.

Durch Abgrenzung der Funktionsbereiche entsteht eine Gesamtsicht, die Flächenplanung. Ein Konzept von Flächentypen hilft, die Flächennutzung zu bewerten. Hierzu genügt oft eine einfache Bilanz, z. B. nach Fertigungs-, Montage-, Transport-, Lager- und Nebenflächen.

Das Master-Fabriklayout erlaubt mit zeitgemäßer Fabrikplanungssoftware bereits eine Flächenbilanz auf Standortebene
Beispiel einer Flächenbilanz im 2D-Fabriklayout auf Standortebene

Der Aufbau eines so einfachen Masterlayouts stärkt bereits das Bewusstsein für die eigene Datenlage. Denn die Datenbasis für Maschinen, Anlagen, Einbauten im Gebäude und alles andere, was man für ein aussagefähiges dreidimensionales Fabriklayout benötigt, stellt sich i. d. R. als extrem lückenhaft heraus. Oftmals ist sie auch fehlerbehaftet. Selbst von neueren Anlagen fehlen meist anforderungsgerechte 3D-Daten. Moderne 3D-Laserscantechnologie und Modellierungs-Know-How spezialisierter Dienstleister erlauben es zwar, fehlende 3D-Daten Schritt für Schritt aufzubauen, doch dies kostet Zeit und Geld. Auch darum sollte man sich nicht von der Idee treiben lassen, in der Fabrikplanung alles in 3D zu tun, jedenfalls nicht sofort.

Schritt 2: Nutzung von 3D-Modellbibliotheken

Im zweiten Schritt ist eine 3D-Modellbibltiothek hilfreich. Diese bringt idealerweise performanceoptimierte 3D-Modelle mit, die sich in vielen typischen Fabriklayouts finden. Das sind z. B.

  • Montageausrüstungen (Tische, Inseln oder Linien inkl. Materialanstellung),
  • Lagereinrichtungen (z. B. Paletten- und Fachbodenregale, Shuttles, Fördertechnik) und
  • typischen Fertigungstechnologien wie z. B. SMT-Fertigung oder mechanische Bearbeitung.
Dreidiemsionale Planungsobjekte können auf ein zweidimensionales Fabriklayout aufgesetzt werden. Zeitgemäße Fabrikplanungssoftware macht das möglich.
3D-Fertigungszelle auf ein zweidimensionales Fabriklayout aufgesetzt

Meist genügen Typvertreter. Das sind Modelle, die für eine Menge ähnlicher Objekte als Ersatz stehen. So kann man beispielsweise ein und den selben Stahlschrank in verschiedenen Farben benutzen, um so Schränke unterschiedlicher Funktion abzubilden. Ebenso genügt es häufig, für Krane verschiedener Hersteller ein und das selbe 3D-Modell zu nutzen. In umfänglichen Bibliotheken finden sich z. T. sogar genau passende Modelle.

Tipp: Schnell nutzbare Fabrikplanungssoftware bringt bereits viele 3D-Modelle mit. Sie sollte aber in jedem Fall auch das Importieren eigener Modelle zulassen. So kann man den Modellvorrat aus verschiedenen Quellen immer wieder erweitern.

Parametrische Modelle erhöhen die Flexibilität bei der Modellierung. Das sind Modelle, die sich z. B. in ihren Einzelteilen verändern lassen. Praktisch sind auch Baukästen. Mit ihnen können z. B. Regale, Arbeitsstationen oder Krananlagen einfach zusammengesetzt werden. Auch für Gebäude-Einbauten wie Bühnen, produktionsnahe Büros oder Leitstände sind solche Baukästen eine gute Hilfe.

Durch Skalierung kompletter Modelle lassen sich geringe maßliche Abweichungen eines Modells aus der Bibliothek vom gewünschten Modell leicht ausgleichen. Für größere Differenzen nutzt man Platzhalter. Das sind z. B. einfarbige Quader, Polygonkörper oder Zylinder. Diese werden vorerst anstelle der exakt passenden 3D-Modelle im Layout platziert. Das geht schnell und hat Charme: Denn so erkennt jeder auf den ersten Blick, wo es im digitalen 3D-Layout noch Handlungsbedarf gibt.

Platzhalter in Form einfacher Boxen signalisieren noch unvollständige Daten im Layout.
Platzhalter helfen, Fehlstellen im digitalen Fabriklayout zu beschreiben

Schritt 3: Lücken im 3D-Fabriklayout sukzessive schließen

Im dritten Schritt schließt man die Lücken, welche durch die Platzhalter markiert sind.

  • Alle Anlagenhersteller verfügen über Konstruktionsdaten ihrer Produkte; ein vorausschauender Einkauf wird bei Neuanschaffungen von Anlagen also darauf orientieren, neben der realen Anlage auch ein digitales Modell davon zu ordern.
  • Die eigene Betriebsmittelkonstruktion arbeitet regelmäßig mit 3D-Software. Sie kann eine weitere Quelle für 3D-Modelle sein.
  • Bestandsanlagen und -gebäude lassen sich in Dienstleistung nachmodellieren. Hierzu müssen verschiedene Technologien zum Einsatz kommen, jeweils angepasst auf Datenlage und Darstellungszweck. Spezialisierte Dienstleister sind mit den Gegebenheiten in Fabriklayouts vertraut und bieten differenziert an.

Doch ist Vorsicht bei Konstruktionsdaten geboten: Sie enthalten i. d. R. zu viele Details, um direkt im 3D-Fabriklayout verwendet zu werden. Darum ist bereits bei der Modellerstellung darauf zu achten, die Konstruktionen in verschiedenen Detaillierungsleveln (LoD) auszuarbeiten. Hoch detaillierte LoDs nutzt man zur Untersuchung von Detailfragen, wie z. B. in der CNC-Prgrammierung. Niedrige detaillierte LoDs eignen sich für die Fabrikplanung. Eine Verminderung der Datenkomplexität im Nachhinein ist oft schwierig und meist auch aufwändig.

Tipp: 3D-Datenkomplexität es ist keine Frage des Formats. In der Praxis trifft man immer wieder auf die Auffassung, durch Wandlung in ein anderes Dateiformat könne Datenkomplexität reduziert werden. Als Anhaltspunkt wird dabei die Dateigröße genannt. Doch das ist leider eine Fehlannahme. Auch wenn z. B. die Dateigröße (Speicherbedarf in MB) bei Wandlung von DXF in DWG reduziert wird; die vom Computer zu verarbeitende Datenmenge ist bei beiden Formaten die Gleiche.

Iterationen vorsehen

Diese drei Schritte wird man nicht auf einmal für das ganze Werkslayout machen können. Sondern man beginnt da, wo der Schuh am heftigsten drückt. Oft sind das die Bereiche, in denen neue Produkte bzw. Produktionsanlagen ins Fabriklayout Einzug halten sollen. Deren Ausgestaltung überträgt man an Teams, die für ihre Entwicklung, den Betrieb und die kontinuierliche Verbesserung in Verantwortung stehen. Denn genau diese Menschen sind die Wissensträger. Sie erkennen schnell Probleme und heben frühzeitig Potenziale. Das Vorgehen folgt dem KAIZEN-Gedanken. Erfolgreiche, kleinteilige Verbesserungs- und Optimierungsstrukturen sind so auch für die Fabrikplanung nutzbar.

Kontinuierliche Verbesserung kann in der Fabrikplanung sehr gut in Verbindung mit Wertstrom-Projekten erreicht werden.
Kontinuierliche Verbesserung für das Fabriklayout

Hierbei zeigt sich ein Vorteil des im Schritt 1 erwähnten Masterlayouts. Seine Blockstruktur erlaubt es, bereichsweise vorzugehen. D. h. man identifiziert für jede KAIZEN-Schleife technlogisch zusammenhängende Layoutabschnitte (Segmente), die einen oder mehrere Blöcke umfassen. Die so gebildeten Segmente können nun jeweils isoliert und detailliert in 3D ausgestaltet werden. Lediglich ihre räumlichen Grenzen müssen unverletzt bleiben.

Das mag im Einzelfall eine Herausforderung sein. Jedoch lohnt es sich meist. Denn die Alternative wäre, immer alles in Frage zu stellen. Dadurch entstünden unzählige Varianten für das gesamte Fabriklayout, die jeweils in Details voneinander abweichen. So etwas führt früher oder später zu unbeherrschbarer Komplexität in der Fabrikplanung, egal ob in 2D oder 3D.

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Thomas Weber
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