Wir möchten beleuchten was BIM ausmacht, worin die Vorteile liegen und auch warum BIM die Fabrikplanung nicht ersetzen kann. Bei der BIM-Anwendung ist es erfolgskritisch, das entsprechende Verständnis bei allen Beteiligten zu schaffen, auch über das eigentliche Bauprojekt hinaus. Dazu bedarf es einer Strategie und der Einbeziehung der Mitarbeiter. Denn BIM schafft auch erweiterte Möglichkeiten in der digitalen Fabrik- und Werksstrukturplanung.
BIM (Building Information Modeling) etabliert sich als Standard im Industriebau. Die formale Standardisierung ist weltweit bereits vorangeschritten. Sie geht in Deutschland von der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik aus (Richtlinienreihe VDI 2552) und erfolgt in Zusammenwirken mit buildingSMART Deutschland e. V. für eine internationale Anbindung (u. a. in Form der ISO 16739). Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist BIM also Pflicht.
„Bitte immer miteinander“
BIM ist im Kern eine Vorgehensweise und nicht primär eine Technologie. Folglich kann BIM nicht allein mittels Software wirksam werden. BIM-Projekte sind jedoch ohne digitale Modelle nicht umsetzbar, wozu letztenendes BIM-Software benötigt wird. Nur damit lassen sich BIM-Daten erstellen, visualisieren, zwischen Stakeholdern kommunizieren und somit kollaborieren.
Erst die Methode …
Die BIM-Methode hat explizit nicht das Ziel, all diese Aufgaben in einem einzigen Tool auszuführen – dieses wäre auch viel zu komplex. Im Fokus steht der koordinierte Austausch von Daten, die in den Tools der beteiligten Fachdisziplinen erzeugt und BIM-fähig anderen Beteiligten über eine BIM-Plattform zur Verfügung gestellt werden. In einem sauber aufgesetzten BIM-Workflow werden Festlegungen zwischen den Fachplanungsdisziplinen getroffen (z. B. mittels AIAs und IDMs; vgl. VDI 2552). Diese regeln, welcher Informationsgehalt in das BIM-Modell einfließen soll und meist auch den Informationstransfer in geeigneten LoD (Level of Detail) selbst. BIM-Manager sind für die Einhaltung dieser Regeln verantwortlich.
… dann die Technologie und die Tools
Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass BIM-Projekte über durchgängige Verwendung von CAD-Software möglichst eines Herstellers erfolgreich verlaufen. Building Information Modeling ist jedoch nicht erreichbar, wenn man alle Beteiligten dazu zwingt CAD von einem Hersteller zu verwenden, obgleich Revit, Allplan oder Autodesk Inventor die häufigst vorzufindenden CAD-Programme sind. Spätestens bei der Integration von Fachdisziplinen, die keinen aktiven Beitrag zu Erstellung des 3D-Bauwerksmodells liefern, sind offene Standards und Cloud-basierte BIM-Technologien gefordert. AVA-Software oder die Überwachung des Baufortschritts auf mobilen Geräten seien nur zwei Anwendungfelder im Lebenszyklus eines BIM-Modells, bei denen BIM-Autorenprogramme auf Basis von CAD-Systemen offensichtlich wenig hilfreich sind.
Zielführend und zukunftsfähig sind BIM-Lösungen, die Standards nach OPEN BIM berücksichtigen. Breite Akzeptanz hat das in ISO 16739 international standardisierte IFC-Format. Gängige BIM-Werkzeuge unterstützen IFC-Dateien. Unnötig wird damit ein Austausch nativer Daten, proprietärer Datenformate oder die Anforderung, das alle Beteiligten mit dem gleichen BIM-Programm arbeiten müssen.
Mit IFC (Industry Foundation Classes) können Fachplaner unterschiedlicher Disziplinen Informationen stukturiert austauschen, ihre jeweiligen fachspezifischen Informationen ergänzen und mit denen der anderen Beteiligten bereits während des Designs abgleichen bzw. auf Plausibilität prüfen. Die maßgeblich von BuildingSmart vorangetriebenen IFC-Standards ermöglichen, dass Fachplaner in ihrer spezifischen Umgebung Informationen erzeugen, um sie dann aus ihrer Software über eine IFC-Schnittstelle anderen im BIM-Projekt strukturiert und aktuell zur Verfügung zu stellen.
Der Nutzen geht weit über Neuplanungen hinaus
Building Information Modeling geht dabei über die Design- und Entwurfsphase eines Gebäudes hinaus. Eine BIM-Planung liefert auch die digitale Basis für die Realisierung und Abrechnung der Bauleistungen. Die BIM-Informationen erlauben in Folge dem Facility Management auf digitale Daten strukturiert zuzugreifen. Somit deckt BIM den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes ab.
Vorteile von Building Information Modeling in einem Projekt zur Fabrikplanung
- strukturierter Workflow
- bessere Kommunikation
- optimale Zusammenarbeit auf Basis aktueller digitaler Daten
- Planer des Produktionssystems können mit Fachplanern anderer Disziplinen der AEC-Industrie kollaborieren
Beispiele im Rahmen von Fabrikplanungsprojekten
Bei der Planung des Logistiksystems können Anforderungen an die TGA hinsichtlich der Medienanschlüsse kommuniziert und dokumentiert werden. In Brownfield-Projekten kann der umgekehrte Fall vorliegen: Dann kann der Fabrik- oder Layoutplaner strukturiert auf den Teil eines BIM Modells zugreifen, der ihm Informationen zu Abluft, Druckluft oder Rohrleitungen und Schächten liefert, die er bei der Restrukturierung seines Systems berücksichtigen muss.
Um schwere Anlagen im Layout einplanen zu können, sind Informationen zur Statik eines Gebäudes unabdingbar. So können Deckenlasten, Auswirkungen auf Schwingungen, oder Restriktionen bezüglich Vibration- und Lärmabsorption bereits in frühen Phasen des Projekts berücksichtigt werden. Hierzu benötigen die Verantwortlichen keine spezfische CAD Software der Fachdisziplin eines Statikers – die Daten jedoch schon.
Daten die mittels des Building Information Modeling erhoben wurden, können auch durch andere Fachdisziplinen in anderen Phasen des Lebenszyklus eines Gebäudes wiederverwendet werden. So muss beispielsweise der Logistikplaner nicht zwangläufig Revit oder Allplan verwenden, sondern kann sich auf die Aufgaben zur Planung und Gestaltung des Logistischen Leistungsprogramms und dessen optimale Umsetzung konzentrieren. Dies vorrangig mit den Tools und Methoden, die für diesen Aufgabenkomplex geeignet sind.
Grenzen von BIM im Kontext der Fabrikplanung
BIM-Software (z. B. Revit von Autodesk) hat den Fokus auf dem Gebäude. Eine Fabrik besteht aber nicht allein aus Gebäuden. Vielmehr dienen diese als Mittel zum Zweck: Der Industriebau liefert die Hülle für das Produktionssystem, oder setzt Restriktionen, die es bei der Planung des Produktionssystems zu berücksichtigen gilt. Auch in diesem Bereich gibt es diverse Teilaufgaben und Fachdisziplinen, beispielsweise Fertigungs– und Montageplanung, Intralogistikplanung, Planung und Betrieb der Automatisierungs-, Förder- oder Lagertechnik. Für diese finden sich aber keine Entsprechungen in BIM-Software. Zudem macht der Einsatz von CAD für bestimmte Teilaufgaben schlichtweg wenig Sinn.
Gefordert wird also eine ganzheitliche Betrachtung und dies ohne alle an eine einzige Software binden zu müssen. Die Software unterstützt den Planer in seiner Fachdisziplin, Daten helfen dem Betreiber im Fabrikbetrieb.
Ein weiterer Aspekt der häufig außen vor gelassen wird: In einem Brown Field Projekt liegen in aller Regel – Stand heute – kaum oder zu wenig BIM-Daten vor. Eine Vereinbarung der Anforderungen an den BIM-Prozess konnte im Vorfeld zwischen den Projektbeteiligten noch nicht getroffen werden, so dass auch Cloud-Lösungen zur Ablage und dem Datenaustausch (wie beispielsweise BIM 360) allein keine Abhilfe schaffen können.
Fazit
Die BIM-Vorgehensweise beschränkt sich nicht auf die Erstellung eines digitalen Bauwerksmodells mittels Software. Sie unterstützt eine kooperative Zusammenarbeit aller Fachgewerke der AEC-Industrie. Das lässt Planungsfehler frühzeitig erkennen, wodurch die Planung effizienter gestaltet wird und die Kosten im Rahmen bleiben.
Allerdings umfasst die Fabrikplanung mehr als das, so dass auch ein BIM-System mit erweiterten Funktionen lediglich einen Teil zum Ganzen beiträgt. Das ist jedoch kein Grund, BIM im Industriebau (noch) nicht zu nutzen. Denn vorhandene Building Information Modeling Daten – nach Möglichkeit über offene Standards (IFC) – können effektiv in die Planung des Produktionssystems einbezogen werden. Software zur Layoutplanung und Fabrikkonzeption sollte dazu eine IFC-Schnittstelle zumindest zum Import anbieten. Umgekehrt werden Anforderungen an den Industriebau in der Planung des Produktionssystems definiert und sind daher nicht in BIM-Software zu planen.
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